Archiv für die Kategorie „Soziale Arbeit“
Positionspapier zum Umgang mit demokratiegefährdenden Entwicklungen und politischer Positionierung in der Sozialen Arbeit
Die aktuelle politische und gesellschaftliche Lage in Deutschland ist geprägt von einem allgemeinen Rechtsruck, der unter anderem durch den Aufstieg der rechtskonservativen Partei AfD sowie durch eine allgemeine Verschiebung des medialen und parteipolitischen Diskurses nach rechts sichtbar wird. Dies stellt eine demokratiegefährdende Entwicklung dar und wirft für die Soziale Arbeit die Frage nach einer politischen Positionierung auf. Dazu bezieht der DBSH folgende Stellung:
Nicht erst seit dem Einzug der rechtskonservativen Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) in den Deutschen Bundestag (2016) und in die Landtage der deutschen Bundesländer werden demokratische Strukturen in Deutschland immer wieder von Vertreter*innen rechtskonservativer und rechtspopulistischer Haltungen hinterfragt. Mit dem Versuch, Anliegen und Maßnahmen zu delegitimieren, wird politische Neutralität von Vereinen, Medienerzeugnissen und auch von Vertreter*innen und Angeboten der Sozialen Arbeit gefordert. „Politische Neutralität“ bedeutet in der Logik dieser Akteur*innen das grundsätzliche Unterlassen von politischen Äußerungen, des Eintretens für spezifische Bevölkerungsgruppen und den Verzicht auf die Einnahme einer Haltung zu bestimmten Themen.
Währenddessen nimmt die AfD in ihrem Programm einige kontroverse Positionen ein, insbesondere in Bezug auf den Islam und die Zuwanderung, sowie die Legitimität von Sozialleistungen. Diese Positionierungen sind nicht mit der Berufsethik Sozialer Arbeit, sowie ihrer starken Orientierung an den Menschenrechten und einer freiheitlich-demokratischen Ordnung vereinbar.
Wir möchten betonen, dass politische Neutralität nicht bedeutet, sich gegenüber Parteien oder politischen Richtungen ausschließlich neutral zu zeigen, keine Haltung einzunehmen oder sich nicht zum politischen Geschehen zu äußern. Stattdessen bedeutet politische Neutralität für die Soziale Arbeit Meinungsbildung in den Grenzen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu fördern, jedoch bei Gefährdung dieser Grundwerte für diese einzutreten. Soziale Arbeit hat die Aufgabe, gesellschaftliche Verhältnisse zu hinterfragen und sozialpolitische Forderungen nach gerechten Verhältnissen zu stellen.
Weiter müssen politische Rahmenbedingungen, von welchen die Soziale Arbeit abhängig ist, fortwährend kritisch reflektiert und bei unzumutbaren Entwicklungen auch Widerstand geleistet werden. Der Blick auf den Nationalsozialismus und dessen Einbindung Sozialer Arbeit verdeutlicht einerseits die Abhängigkeit von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und andererseits die Wichtigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit politischen und vor allem demokratiegefährdenden Entwicklungen (Schäfer, 2023, S.21f.).
Die allgemein gültige internationale Definition der Sozialen Arbeit betont die Förderung von sozialen Veränderungen, sozialen Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt. Dabei stützt sich die Profession auf die Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit, Menschenrechte, gemeinsame Verantwortung und die Achtung der Vielfalt. Diese Werte bilden die Grundlage unserer Arbeit. Wir haben als Fachkräfte eine (berufs)ethische Verantwortung, uns gegen jede Form von Diskriminierung, Rassismus und demokratiefeindlichen Ideologien zu stellen. Unsere Grundsätze verpflichten uns dazu, uns mit denjenigen zu solidarisieren, die soziale Unterstützung brauchen. In diesem Sinne unterstützen wir Adressat*innen auch ihre eigene Stimme zu erheben.
Schäfer, Stefan (2023): Warum einmischen? Theoretisch-normative Grundlagen zur Sozialen Arbeit als politischer Akteurin. In: Leibner, Simone/ Leitner, Sigrid/ Schäfer, Stefan (Hrsg.): Politische Einmischung in der Sozialen Arbeit. Analyse- und Handlungsansätze. Stuttgart: W. Kohlhammer.
Eine PDF-Version dieses Positionspapiers finden Sie hier: http://www.dbsh-bayern.de/wordpress/wp-content/uploads/2024/02/Positionspapier-DBSH-Bayern-Demokratiegefaehrdung-und-politische-Positionierung-1.pdf
Positionspapier des DBSH Bayern
Zum Umgang mit demokratiegefährdenden Entwicklungen und politischer Positionierung in der Sozialen Arbeit
Die aktuelle politische und gesellschaftliche Lage in Deutschland ist geprägt von einem allgemeinen Rechtsruck, der unter anderem durch den Aufstieg der rechtskonservativen Partei AfD sowie durch eine allgemeine Verschiebung des medialen und parteipolitischen Diskurses nach rechts sichtbar wird. Dies stellt eine demokratiegefährdende Entwicklung dar und wirft für die Soziale Arbeit die Frage nach einer politischen Positionierung auf. Dazu bezieht der DBSH folgende Stellung:
Nicht erst seit dem Einzug der rechtskonservativen Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) in den Deutschen Bundestag (2016) und in die Landtage der deutschen Bundesländer werden demokratische Strukturen in Deutschland immer wieder von Vertreter*innen rechtskonservativer und rechtspopulistischer Haltungen hinterfragt. Mit dem Versuch, Anliegen und Maßnahmen zu delegitimieren, wird politische Neutralität von Vereinen, Medienerzeugnissen und auch von Vertreter*innen und Angeboten der Sozialen Arbeit gefordert.
„Politische Neutralität“ bedeutet in der Logik dieser Akteur*innen das grundsätzliche Unterlassen von politischen Äußerungen, des Eintretens für spezifische Bevölkerungsgruppen und den Verzicht auf die Einnahme einer Haltung zu bestimmten Themen.
Währenddessen nimmt die AfD in ihrem Programm einige kontroverse Positionen ein, insbesondere in Bezug auf den Islam und die Zuwanderung, sowie die Legitimität von Sozialleistungen. Diese Positionierungen sind nicht mit der Berufsethik Sozialer Arbeit, sowie ihrer starken Orientierung an den Menschenrechten und einer freiheitlich-demokratischen Ordnung vereinbar.
Wir möchten betonen, dass politische Neutralität nicht bedeutet, sich gegenüber Parteien oder politischen Richtungen ausschließlich neutral zu zeigen, keine Haltung einzunehmen oder sich nicht zum politischen Geschehen zu äußern. Stattdessen bedeutet politische Neutralität für die Soziale Arbeit Meinungsbildung in den Grenzen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu fördern, jedoch bei Gefährdung dieser Grundwerte für diese einzutreten. Soziale Arbeit hat die
Aufgabe, gesellschaftliche Verhältnisse zu hinterfragen und sozialpolitische Forderungen nach gerechten Verhältnissen zu stellen.
Weiter müssen politische Rahmenbedingungen, von welchen die Soziale Arbeit abhängig ist, fortwährend kritisch reflektiert und bei unzumutbaren Entwicklungen auch Widerstand geleistet werden. Der Blick auf den Nationalsozialismus und dessen Einbindung Sozialer Arbeit verdeutlicht einerseits die Abhängigkeit von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und andererseits die Wichtigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit politischen und vor allem demokratiegefährdenden Entwicklungen (Schäfer, 2023, S.21f.).
Die allgemein gültige internationale Definition der Sozialen Arbeit betont die Förderung von sozialen Veränderungen, sozialen Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt. Dabei stützt sich die Profession auf die Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit, Menschenrechte, gemeinsame Verantwortung und die Achtung der Vielfalt. Diese Werte bilden die Grundlage unserer Arbeit. Wir haben als Fachkräfte eine (berufs)ethische Verantwortung, uns gegen jede Form von Diskriminierung, Rassismus und demokratiefeindlichen Ideologien zu stellen. Unsere Grundsätze verpflichten uns dazu, uns mit denjenigen zu solidarisieren, die soziale Unterstützung brauchen. In diesem Sinne unterstützen wir Adressat*innen auch ihre eigene Stimme zu erheben.
Schäfer, Stefan (2023): Warum einmischen? Theoretisch-normative Grundlagen zur Sozialen Arbeit als politischer Akteurin. In: Leibner, Simone/ Leitner, Sigrid/ Schäfer, Stefan (Hrsg.): Politische Einmischung in der Sozialen Arbeit. Analyse- und Handlungsansätze. Stuttgart: W. Kohlhammer.
Positionspapier zu geschlechtergerechter Sprache
Der DBSH Bayern spricht sich weiterhin für inklusive, geschlechtergerechte Sprache aus. Reaktion auf die Ankündigung eines „Genderverbots“ durch den Ministerpräsidenten Bayerns, Markus Söder.
Der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder hat sich in seiner Regierungserklärung vom 05.12.2023 im bayerischen Landtag für ein Verbot von „Gendern“ in Schule und Verwaltung ausgesprochen: “Für Bayern kann ich sagen: Mit uns wird es kein verpflichtendes Gendern geben. Im Gegenteil: Wir werden das Gendern in Schule und Verwaltung sogar untersagen.“ (Süddeutsche Zeitung)
Der Vorstand des DBSH Bayern wird sich in seiner Arbeit weiterhin an den bayerischen Grundsätzen der Freiheit und des von Dr. Markus Söder oft erwähnten „Leben und Leben lassen“ sowie an den Grundsätzen der Profession Soziale Arbeit orientieren. Diese folgt in ihrer internationalen Definition den „Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, der Menschenrechte, der gemeinsamen Verantwortung und der Achtung der Vielfalt“, welche die Grundlagen der Sozialen Arbeit bieten (IFSW/DBSH, 2014).
Wir wählen daher mit geschlechtergerechter Sprache eine inklusive Sprachform, die möglichst viele Menschen einbezieht und möglichst wenige Menschen ausschließt. Als Vorstand des DBSH Bayern sprechen wir uns für einen bewussten Umgang mit Sprache und eine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des eigenen Sprechens aus. Ebenso sehen wir es als selbstverständlich an, Menschen in ihren Lebenswelten und Erfahrungen anzuerkennen und sich in der Ansprache an ihren Wünschen zu orientieren.
Als Vertreter*innen der Profession Sozialer Arbeit möchten wir hiermit unsere Bereitschaft kundtun, in allen weiteren Belangen beratend und unterstützend zur Seite zu stehen, um Demokratie im Land Bayern gemeinsam stärken zu können.
Als Angehörige der Wissenschaft und Profession Sozialer Arbeit orientieren wir unser Handeln außerdem an Erkenntnissen der sozialwissenschaftlichen Forschung, die den positiven Effekt inklusiver Sprech- und Schreibweisen nachweisen und die Notwendigkeit einer inklusiven und gleichstellenden Politik darstellen: So führt die Abbildung mehr als eines Geschlechts beispielsweise bei Bewerbungsprozessen dazu, dass sich – anders als bei der Nutzung des generischen Maskulinums – Personen mehrerer Geschlechter bewerben (Vervecken/Dries 2015).
Aktuelle sozialpsychologische und soziologische Erkenntnisse, nicht zuletzt die Studie „Language influences public attitudes toward gender and LGBT equality” der amerikanischen Forscher*innen Margit Tavits und Efrén O. Pérez legen dar, dass die Nutzung geschlechtsneutraler Pronomen, beziehungsweise geschlechtergerechter Sprache, in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung einer positiveren Einstellung gegenüber Frauen und LGBTQIA*-Personen steht (Tavits/Perez 2019).
Gleichzeitig beschreibt die Studie “How are you?” des Bayerischen Jugendrings und des IDA Institut für Diversity- und Antidiskriminierungsforschung, dass 93,3% der knapp 2.000 Befragten queeren Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Bayern queerfeindliche Diskriminierung in Form von Sexismus, Lookismus und anderen Kategorien erlebt haben. (Heiligers/Frohn et al. 2023).
Basierend auf diesen Erkenntnissen ist eine Sensibilisierung der Sprache und ein Ausbau von sozialen Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten für queere (junge) Menschen notwendig, da sie ihre Sicherheit, ihr Wohlbefinden und ihre Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft stärken. Die derzeitige Verschärfung von Kommunikation oder das Verbot bestimmter Bezeichnungen bewirkt allerdings das Gegenteil. Der DBSH Bayern fordert daher die bayerische Landesregierung auf, sich ihrer Verantwortung für die gesamte bayerische Bevölkerung bewusst zu werden und entsprechende Maßnahmen zu treffen – beispielsweise in der Weiterverfolgung des Queeren Aktionsplans Bayern (STMAS Bayern 2023).
Literatur:
Balbierer, T. (2023): Söder träumt von Weltraumbahnhof und Genderverbot, in: Süddeutsche Zeitung (05.12.2023), https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-regierungserklaerung-soeder-genderverbot-afd-weltraumbahnhof-kuenstliche-intelligenz-1.6314292 (Zugriff am 10.12.2023)
Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (2023): Scharf: “Aktionsplan QUEER startet: Für Teilhabe und Partizipation, für Toleranz und Zusammenhalt – Sozialministerin startet Aktionsplan QUEER”, https://www.stmas.bayern.de/aktuelle-meldungen/pm2306-163.php, (Zugriff am 17.12.2023)
Heiligers, N., Frohn, D., Timmermanns, S., Merz, S., Moschner, T. (2023): „How are you?“ Die Lebenssituation von LSBTIQA Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Bayern. Bayerischer Jugendring (Hrsg.), https://www.bjr.de/spotlight/queere-jugendarbeit/hay-studie (Zugriff am 10.12.2023)
International Federation of Social Workers (IFSW) / Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH) e.V.(2016): Internationale Definition Sozialer Arbeit, Deutsche Fassung, https://www.dbsh.de/profession/definition-der-sozialen-arbeit/deutsche-fassung.html (Zugriff am 10.12.2023)
Tavits, M., Perez, E. O. (2019): Language influences mass opinion toward gender and LGBTQ equality, https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.1908156116 (Zugriff am 10.12.2023)
Vervecken, D., Hannover, B. (2015): Yes I can! Effects of gender fair job descriptions on children’s perceptions of job status, job difficulty, and vocational self-efficacy, in: Social Psychology 46 (2015), S. 76 – 92, https://econtent.hogrefe.com/doi/10.1027/1864-9335/a000229 (Zugriff am 10.12.2023)
Eine PDF-Version dieses Positionspapiers finden Sie hier: http://www.dbsh-bayern.de/wordpress/wp-content/uploads/2023/12/Positionspapier-DBSH-Bayern-Gendergerechte-Sprache.pdf
Stellungnahme veröffentlicht: „Kann Soziale Arbeit jede:r?“ – De-Konstruktion des Fachkräftemangels
PROFESSIONS- UND GEWERKSCHAFTSPOLITISCHE STELLUNGNAHME ZU DEN ANGEKÜNDIGTEN
Eine gemeinsame Stellungnahme von Kolleg:innen der: ver.di Fachgruppe Erziehung, Bildung und
ODER BEREITS UMGESETZTEN ENTWICKLUNGEN, DEM AKTUELLEN FACHKRÄFTEMANGEL IN DER
SOZIALEN ARBEIT MIT EINER ÖFFNUNG DES SOZIALDIENSTES FÜR FACHFREMDE
QUEREINSTEIGER:INNEN ZU BEGEGNEN.
Soziale Arbeit (EBSA) Bezirk München & Region, ver.di Betriebsgruppe Sozialreferat München, dem
ver.di Fachbereich C München (Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft),
der GEW München – Fachgruppe sozialpädagogische Berufe und vom
Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit, Landesverband Bayern.
„Ökologische Soziale Arbeit“
Beiträge für Tagung erwünscht!
Fachtagung am 1. und 2.7. 2022 an der BTU Cottbus-Senftenberg, Campus Sachsendorf
(Cottbus) in Kooperation mit Deutschen Gesellschaft für Systemische Soziale Arbeit (DGSSA)!
Call for Paper für die Fachtagung
Ökologische Soziale Arbeit
Zum gesellschaftlichen Selbstverständnis der Moderne gehörte Soziales und Technologisches von
Natur zu trennen. Die sogenannte Klimakrisen zeigen aber, dass die Grenzziehungen zwischen
Sozialem, Kultur und Natur fiktiver Art sind, dass soziale Unterschiede und gesellschaftliche
Veränderungen keine Einzelphänomene sind, die nacheinander und unabhängig voneinander
abgearbeitet werden können. Die Entwicklung einer umfassenden ökologischen Perspektive ist zu
einer dringlichen Anforderung und Aufgabe geworden, um eine Zusammenschau zu ermöglichen, mit
der Fragen nach Nachhaltigkeit, sozialer Gerechtigkeit ebenso bearbeitet werden können wie ein
verändertes Verständnis der Rolle des Menschen auf dem Planeten. Eine solche Perspektive ist auch
für eine zukunftsfähige Soziale Arbeit zu einer unumgänglichen Herausforderung geworden. In
diesem Zusammenhang ist zu fragen, wie Ökologie und Nachhaltigkeit sozialpädagogisch bzw.
sozialarbeiterisch gefasst werden können.
Wir laden deshalb dazu ein, Themenfelder einer ökologischen Sozialen Arbeit gemeinsam zu
identifizieren und zu diskutieren, sowie mit uns nach praktischen und theoretischen Erfahrungen und
Beispielen zu suchen. Wir verstehen die Diskussion um eine ökologische Soziale Arbeit als einen
Prozess, der am Anfang steht und einen Arbeitsfelder und -themen übergreifenden Charakter hat.
Ökologie wird nicht auf Natur reduziert, sondern steht in einem umfassenderen Sinne für
unterschiedliche Verständnisse von Milieu, Environments, Umgebungen und Umwelten. Damit wollen
wir ein verkürztes Verständnis von Nachhaltigkeit und Natur vermeiden, das Natur als zu
beschützendes Objekt Sozialem, Kulturellem, Menschlichem oder Technologischem gegenüberstellt.
Wir möchten deshalb eine fragende Fachtagung organisieren, die sich von den gegenwärtigen
radikalen gesellschaftlichen, technischen und sozialen Veränderungen leiten lässt. Die prägenden
Umgebungen, die sich vor Ort finden lassen, dürften der Tagung hilfreiche Anregungen geben.
Wir möchten Sie einladen, Beiträge entlang folgender thematischer Schwerpunkte einzureichen:
• Ökologie ist zu einer Herausforderung für soziale Selbstorganisation geworden. Wie lässt sich ein
Ökologiekonzept für die Soziale Arbeit entwickeln, das gleichermaßen auf die sozio-, info- und
bio-technologischen Formen menschlicher Existenz angewendet werden kann?
• Wie wird der ökologische Wandel lokal sichtbar und relevant für die Soziale Arbeit?
• Mit welchen Ideen, Erfahrungen und Konzepten gelingt der Einstieg in ökologisches Denken und
Handeln? Was muss neu gedacht werden?
• Welche neuen Schlüsselqualifikationen müssen im Studium der Sozialen Arbeit vermittelt werden,
um die ökologischen Herausforderungen bewältigen zu können?
• Wo sind die Grenzen der ökologischen Perspektive in der Sozialen Arbeit und wie gehören die
innere Natur des Menschen, die Technik und die aggressiven, störenden und sozial belastenden
Kommunikations- und Verhaltensmuster dazu?
• Wie können Ziele nach ökologischem Ausgleich und sozialer Gerechtigkeit in Verbindung
gebracht werden?
Bitte schicken Sie die Kurzdarstellungen (1/2 Din A 4-Seite) Ihres Beitrages (30 Minuten) bis zum
31.01.2022 an: [email protected]
Die Tagung findet am 1. und 2.7. 2022 an der BTU Cottbus-Senftenberg, Campus Sachsendorf
(Cottbus) in Kooperation mit Deutschen Gesellschaft für Systemische Soziale Arbeit (DGSSA) statt.
Die Fachtagung wird unter Beachtung der aktuell gültigen Schutz- und Hygienebestimmungen als
Präsenzveranstaltung geplant.
Wir freuen uns auf Ihre Tagungsbeiträge!
Stellungnahmen, Positionen, Unterzeichnungen des DBSH Bayern 2011 – 2021
Pünktlich zur Consozial in Nürnberg wurden alle Stellungnahmen, Positionen, Unterzeichnungen des DBSH Bayern, die zwischen 2011 und 2021 erstellt bzw. unterstützt worden sind, in einer gedruckten Sammlung zusammengefasst. Eine digitale Version liegt nun zum Download vor:
http://www.dbsh-bayern.de/wordpress/wp-content/uploads/2021/11/Stellungnahmen-Positionen-Unterzeichnungen-2011-2021-4.pdf
Stellungnahme zur Situation von Studierenden und Beschäftigten in der Lehre Sozialer Arbeit
Stellungnahme
Der Landesverband Bayern des Deutschen Berufsverbands für Soziale Arbeit e.V. (DBSH) unterstützt und befürwortet die Forderung nach einem „Flexisemester“ für Studierende und Beschäftigte in der Lehre Sozialer Arbeit. Aus diesem Grund unterstützen wir die Initiative „#nichtsemester“.[1]
Das Recht auf Bildung ist ein Menschenrecht – dies beinhaltet auch die Qualität und Rahmenbedingungen der Lehre und des Lernens. Eine Qualität die unter den Bedingungen der COVID-19-Pandemie nicht gehalten werden kann.
Soziale Arbeit ist in Praxis und Ausbildung eine Menschenrechtsprofession[2], ein Anspruch und Mandat, dem die kurzfristig organisierte digitale Lehre nicht gerecht werden kann. Gerade in Krisen ist die Scharnierfunktion unserer systemrelevanten Profession für den gesellschaftlichen Zusammenhalt unverzichtbar. Alte Menschen, geflüchtete Menschen, Kinder und Jugendliche aber auch Frauen und wohnungslose Menschen leiden im Besonderen unter der Pandemie[3] – sie zählen auf die Professionalität der Sozialarbeiter*innen und der Lehrenden, die diese Kompetenzen für die Praxis vermitteln.
Nach unseren „Globalen Standards für die Lehre Sozialer Arbeit“ ist die Qualität und Ausgestaltung unserer akademischen Ausbildung absolut relevant für die nachfolgende Arbeit in der Praxis:
„Ensuring high quality of the educational programme whatever the mode of delivery. In the case of distance, mixed-mode, decentralised and/or internet-based teaching, mechanisms for locally-based instruction and supervision should be put in place, especially with regard to the fieldwork component of the programme.“[4]
Um die Qualität der
Lehre nachhaltig zu sichern und Student*innen sowie Beschäftigte in der Lehre
zu unterstützen, plädieren wir für ein „Flexisemester“. Flexibilität und das
damit verbundene zur Verfügung stellen von Ressourcen ermächtigt – trotz der
diversen vorliegenden Schwierigkeiten – Alle gleichermaßen. So kann
sichergestellt werden, dass betroffene Student*innen und Beschäftigte in der
Lehre individuell für sich entscheiden können und einen passenden Weg durch die
Pandemiezeit finden können.
Beispiele für Probleme sind u.a. Kurzarbeit, schwebende Kündigungen,
Care-Arbeit zuhause, kein Zugang zu Bibliotheken bis hin zu einem notwendigen
erhöhtem Engagement in der professionellen Praxis. Dies verhindert, dass nicht
im üblichen Sinne gelernt und gelehrt werden kann.
Zu den Kernkompetenzen (vgl. DBSH 2015)[5] des Studiums Sozialer Arbeit zählt u.a. die Entwicklung eines kritischen Wissens über das Funktionieren mnschlicher Beziehungen. Hochkomplexe gesellschaftliche Mechanismen wie Intersektionalität, Geschlechtergerechtigkeit, Rassismus, Diskriminierung und biopsychosoziale Zusammenhänge[6] lassen sich nicht bzw. nur eingeschränkt online erlernen. Ebenfalls ist das Erlernen von Schlüsselkompetenzen[7] – wie beispielsweise einschlägige Methodenkompetenz – digital nicht möglich. Diese Kompetenzen müssen für Studierende erfahrbar sein und von den Lehrenden im unmittelbaren Kontakt vermittelt werden.
Bildung ist
Ländersache. Der DBSH, Landesverband Bayern, appelliert in aller Deutlichkeit
an den bayrischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler, und
an die Verantwortlichen der Hochschulbildung, sich – im Rahmen der
COVID-19-Pandemie 2020 – für eine maximale Flexibilisierung der Lehre und des
Lernens einzusetzen und negative Auswirkungen auf ein Minimum zu reduzieren.
[1]Initative „Nichtsemester“, https://www.nichtsemester.de/cbxpetition/offener-brief/
[2]United Nations (1992): Human Rights. Teaching and Learning about Human Rights. A Manual for Schools of Social Work and the Social Work Profession, A publication of the U.N. Centre for Human Rights in cooperation with the International Federation of Social Workers and the International Association of Schools of Social Work, New York
[3]Struktureller Rassismus in Zeiten der Pandemie | Alice Magazin. (2020). Retrieved April 8, 2020, from https://alice.ash-berlin.eu/seitenwechsel/news/struktureller-rassismus-in-zeiten-der-pandemie/
[4]IASSW: Global standards for the education and training of the social work profession; 2004 https://www.iassw-aiets.org/wp-content/uploads/2018/08/Global-standards-for-the-education-and-training-of-the-social-work-profession.pdf
[5]DBSH Berufsethik. (2015). https://www.dbsh.de/profession/berufsethik.html
[6]Vgl. IASSW 2004
[7] Grundlagen für die Arbeit des DBSH e.V. (2009). https://www.dbsh.de/fileadmin/downloads/grundlagenheft_-PDF-klein_01.pdf
Pressemitteilung: Soziale Arbeit in der Corona-Krise
#systemrelevant: Soziale Arbeit in der Corona-Krise
Die Corona-Krise stellt die Gesellschaft in unerwarteter Weise vor große Herausforderungen. Bei den bisher in der Öffentlichkeit als systemrelevant diskutierten Berufen wird Soziale Arbeit mit ihren einschlägigen Arbeitsfeldern jedoch meist übersehen.
Wir, die bayerische Landesvertretung des Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. (DBSH)[1], erwarten zum einen besonderen Schutz für marginalisierte Personengruppen in unserer Gesellschaft und erkennen zum anderen die außergewöhnliche Belastung und Leistung der Sozialarbeiter*innen in den Einrichtungen Sozialer Arbeit an und fordern, diese zu unterstützen.
Sozialarbeiter*innen stehen, ebenso wie derzeit auch andere systemrelevante Berufsgruppen wie zum Beispiel pflegerisches und medizinisches Personal, in besonderer Weise in der Verantwortung, benachteiligte und bedürftige Menschen bei der Bewältigung der Krise zu unterstützen. Sie erfüllen somit eine unverzichtbare gesellschaftliche Funktion, die gerade in Zeiten, in der Solidarität den gesellschaftlichen Zusammenhalt garantiert, unverzichtbar ist. Benachteiligte Personengruppen, wie Wohnungslose, Kinder, Jugendliche und geflüchtete Menschen sind oftmals in vielfacher Weise von der Krise betroffen. So sind sie prekär untergebracht[2], ihre Einrichtungen geschlossen bzw. ihre Unterstützungssysteme brechen weg. Sie haben keine psychischen, physischen oder sozialen Ressourcen zur Bewältigung der Herausforderungen und sind gegebenenfalls häuslicher Gewalt schutzlos ausgeliefert[3].
Sozialarbeiter*innen, die beispielsweise in der ambulanten und stationären Jugendhilfe, in Einrichtungen für behinderte Menschen, in der Versorgung wohnungsloser Menschen oder auch für Geflüchtete arbeiten, sind im engen Kontakt mit den Menschen, die ihre Dienste in Anspruch nehmen, ohne dass beispielsweise ausreichend Schutzkleidung vorhanden ist oder Pläne vorliegen, wie eine Quarantänesituation bewältigt werden kann. Sozialarbeiter*innen, die häufig in unterbesetzten Personalsituationen agieren, unterstützen dennoch auf vielfältige Art und Weise Menschen in Krisensituationen. Beispielhaft können hier psychische Krisen oder häusliche Gewalt genannt werden.
Verantwortliche in Gesellschaft und Politik sind demnach gefordert, den Institutionen der Sozialen Arbeit grundsätzlich die Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die es braucht, um u.a. Notfallpläne aber auch Schutzkonzepte entwickeln zu können. Nur so kann in der derzeitigen Lage maximale Handlungsfähigkeit gewährleistet werden und ausreichender Schutz von Angestellten und Klient*innen sichergestellt werden. Zugleich muss den Menschen bei besonderen Problemlagen und insbesondere bei Krisen Zugang zu Hilfe, Beratung und Betreuung ermöglicht werden. Menschen sind in der aktuellen Krisensituation vielfach auf sich alleine gestellt. Soziale Arbeit nimmt hier eine Schlüsselposition ein, um gerade diese Menschen bei der Bewältigung der derzeitigen Situation zu unterstützen, denn eine strukturierende soziale Infrastruktur ist nicht mehr in ihrer bisherigen Präsenz vorhanden.
Soziale Arbeit kann angesichts der Infektionsrisiken nicht immer uneingeschränkt, wie bislang geleistet werden. Gleichwohl ist trotz der intensivierten Nutzung digitaler Kommunikation ein persönlicher Kontakt mit den Klient*innen nötig und wichtig. Daher muss zum Beispiel ein adäquater und kontinuierlicher Kinder- und Jugendschutz gewährleistet bleiben, ohne dass die Mindeststandards herabgesetzt werden müssen.
Wir fordern somit – in der momentanen Krisenzeit mehr denn je – neben der Unterstützung der bedürftigen Menschen, grundsätzlich sorgfältig ausgestaltete Rahmenbedingungen für Fachkräfte, gesellschaftliche Anerkennung unserer systemrelevanten Profession sowie auch über die Krise hinaus, die Sicherstellung finanzieller Ressourcen auch außerhalb der staatlichen Wohlfahrtspflege für Kleinstbetriebe und soziale Projekte, um dem Prinzip der Sozialstaatlichkeit gerecht werden zu können.
Ansprechpersonen:
DBSH Landesvorstand Bayern
1. Vorsitzender: Detlef Rüsch (Dipl.Soz.Päd, syst. Familientherapeut, Supervisior)
2. Vorsitzende: Helene Bartels (Dipl.Soz.Päd, Master of Social Work)
[1] Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH) https://www.dbsh.de Abruf 09.04.2020
[2] Positionspapier Soziale Arbeit mit Geflüchteten. (2019). https://www.fluechtlingssozialarbeit.de/Positionspapier_Soziale_Arbeit_mit_Gefl%C3%BCchteten.pdf Abruf 09.04.2020
[3] Bundesregierung, Ausnahmesituation für Familien. (2020). https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/ausnahmesituation-fuer-familien-1734472; Abgerufen 09.04.2020