Archiv für die Kategorie „Sozialgesetzgebung“
Bayerisches Integrationgesetz gibt Anlass zur Kritik
Kritik am bayerischen sog. „Integrations-„gesetz
Der DBSH Landesverband Bayern kritisiert das bayerische Integrationgesetz aus berufsethischer Sicht. Nach Auffassung des DBSH verstößt es gegen geltendes Recht insbesondere gegen Menschenrechte.
Der vollständige Text der Kritik kann heruntergeladen werden: pdf herunterladen (316 kB)
Das Thema wird auch beim 4. Berufskongress Soziale Arbeit vom 8.9. bis 10.9.2016 in Berlin behandelt.
Hintergrundinfos
Der Entwurf des bayerischen Integrationsgesetzes steht online:
Entwurf des bayer. Integrationsgesetzes
Ein zivilgesellschaftliches Bündnis, dem auch der DBSH Bayern beigetreten ist, findest du hier:
www.integrationsgesetz.bayern
Berufsethik des DBSH:
https://www.dbsh.de/beruf/berufsethik/berufsethik-des-dbsh.html
Menschenrechtsarbeit der Friedrich Ebert Stiftung:
http://www.fes.de/handbuchmenschenrechte
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(Beitrag erstellt: VE)
Stellungnahme zum Entwurf des Bayerischen Integrationsgesetzes
Der DBSH Landesverband Bayern nimmt Stellung zum Entwurf des Ministerrates für ein Bayerisches Integrationsgesetz.
„Der DBSH Landesverband Bayern begrüßt die Bemühungen der Bayerischen Staatsregierung, Regelungen für eine Integration von Flüchtlingen zu schaffen. Allerdings zeigt der vorliegende Entwurf doch deutliche Mängel auf.
Exemplarisch verweisen wir auf
- den Begriff der deutschen Leitkultur, der schon vor Jahren nach eingehender Diskussion nicht weiter konkretisiert werden konnte. Es existiert, über die im Entwurf aufgeführte verfassungsgemäße Ordnung, kein gesellschaftlicher Konsens, wie eine derartige Leitkultur konkret aussieht. Zusätzlich wird noch eine bayerische Leitkultur eingeführt („Ganz Bayern ist geformt von gewachsenem Brauchtum, von Sitten und Traditionen“), die ebenfalls abstrakt bleibt. Hinzuweisen ist hier im Besonderen auf die Einflüsse der globalisierten Wirtschaft auf das kulturelle Leben in Bayern, die in keiner Weise reflektiert werden.
- den Art. 4, in dem mit unbestimmten Rechtsbegriffen gearbeitet wird , z.B. „selbst zu vertretende Gründe“, die nicht sanktioniert werden können. Die geforderte Erstattung von Förderkosten dürfte erhebliche Verschuldung der Betroffenen nach sich ziehen.
- den Art. 11 des Gesetzentwurfes „Ausgewogene räumliche Verteilung in Bayern“. Dieser Abschnitt gewährt Flüchtlingen nicht die gleichen Rechte wie das den Deutschen in Art. 11 GG zugesicherte Recht der Freizügigkeit. Er stellt einen massiven Eingriff in die Selbstbestimmungsrechte der Menschen dar, der nicht hinnehmbar ist.
Fazit:
Der Grundgedanke der Integration von Flüchtlingen ist zu begrüßen. Die erforderlichen Mittel sind den Institutionen und Verbänden und der Sozialen Arbeit zur Verfügung zu stellen, damit Integrationsschritte gelingend begleitet werden können.
Bedenklich sind die unbestimmten Rechtsbegriffe, die eine mangelnde Integrationswilligkeit unterstellen und mit Sanktionen drohen. Ebenso bleibt der Begriff der Leitkultur abstrakt und dient damit nicht als hilfreiches Instrument zur Integration in eine auch in Bayern mittlerweile vielfältig kulturelle Gesellschaft.
Massive Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht von anerkannten Flüchtlingen müssen vermieden werden.“
(Ende der Stellungnahme)
Stellungnahme als pdf herunterladen (119 kB)
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(Beitrag erstellt: VE)
Bundestag beschliesst Absenkung der Fallzahlen in der Jugendhilfe
Vormundschafts- und Betreuungsrecht geändert:
Der Bundestag hat die Notwendigkeit eines ausreichenden persönlichen Kontakts eines Vormunds zu seinem Mündel (minderjährige Person, die unter Vormundschaft steht) ausdrücklich gesetzlich verankert, um so dessen Pflege und Erziehung wirksamer gewährleisten zu können. Einem entsprechenden Gesetzentwurf der Regierung (17/3617) haben die Fraktionen von CDU/CSU und FDP in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (17/5512) zugestimmt, die Oppositionsfraktionen enthielten sich.
Im Regelfall wird ein persönlicher Kontakt einmal monatlich als erforderlich angesehen. Abhängig vom Einzelfall sollen jedoch auch kürzere oder längere Besuchsabstände erforderlich sein können. Mangelnder persönlicher Kontakt soll künftig ausdrücklich als Grund für die Entlassung eines Betreuers benannt werden. Außerdem werden die
Fallzahlen in der Regel auf 50 Vormundschaften je Mitarbeiter begrenzt.
Abgelehnt wurde hingegen ein Antrag der SPD-Fraktion (17/2411), dem bei Enthaltung der Grünen nur noch Die Linke zustimme. Die SPD hatte unter anderem gefordert, die Fallzahl auf 40 Vormundschaften pro Mitarbeiter zu begrenzen.
Quelle:http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2011/34132100_kw15_angenommen_abgelehnt/index.html
Sozialarbeiter sehen Sozialstaat und sozialen Frieden in Gefahr
Der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH) warnt in seiner „Saarbrücker Erklärung“ angesichts der fortgesetzten Kürzungen bei sozialen Leistungen und Diensten vor einer wachsenden Spaltung der Gesellschaft. Stattdessen fordert der Verband von der Politik ein wirkliches „Armutsbekämpfungskonzept“ und eine solidarische Beteiligung der Bezieher von höheren Einkommen und von Unternehmen an den Sozialkosten. Um dies durchzusetzen, müsse die Soziale Arbeit politischer werden, so der 1. Vorsitzende des DBSH, Michael Leinenbach:
„Es ist ethische Verpflichtung der Profession sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen“.
Als Beispiel nennt der Verband die Kürzungen des Elterngeldes: Nach einer beispiellosen Diffamierung der sog. „Hartz IV – Empfänger“ würden die aktuell von der Bundesregierung beschlossenen Haushaltskürzungen zuerst die von Armut betroffenen Menschen treffen. Bereits mit der Einführung des neuen Elterngeldes Anfang 2007 wurde für sie die Bezugsdauer im Vergleich zum früheren Erziehungsgeld von 24 auf 12 Monate begrenzt, nunmehr sollen „Hartz IV“-Empfänger ganz auf Unterstützung für ihre neu geborenen Kinder verzichten – und dies trotz der allerorten beklagten Kinderarmut.
Die Politik, bei armen Familien zu kürzen, ist aus den USA bestens bekannt. Dort begrenzte Bill Clinton 1977 die Unterstützung für die Kinder von SozialhilfeempfängerInnen. Dahinter steht der Glaube, dass sich Armut quasi biologisch vermehrt und ein Absenken von staatlicher Unterstützung dazu führt, dass einkommensschwache Familien keine Kinder mehr bekommen und so die Armut bekämpft wird. „Eine solche Botschaft ist unethisch und geht an der sozialen Realität vorbei“, so Friedrich Maus vom Vorstand des DBSH.
Doch dies ist nicht die einzige geplante Kürzung – wieder einmal sind es Erwerbslose, Gering- und Wenigverdiener, die die Lasten der Krise tragen sollen und sich in Zukunft noch weniger als bisher auf staatliche Hilfe und Förderung zur Selbsthilfe verlassen können. In Folge der immer dramatischer werdenden Finanzsituation der Kommunen werden viele unterstützende soziale Dienste ihre Angebote einschränken oder gar einstellen müssen. Bereits heute können in vielen Bereichen soziale Dienste nur noch symbolische Hilfen anbieten oder auf „Tafeln“ oder „Suppenküchen“ verweisen.
Nicht wenige Tätigkeitsfelder der Sozialen Arbeit selbst sind Opfer neoliberaler Politikansätze: Statt langfristig wirksamer Hilfe und Förderung soll Soziale Arbeit nur noch dazu beitragen, mögliche Ansprüche von Menschen in Not zu minimieren. Damit verbunden verschlechtern sind die Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit zusehends. „Leiharbeit zu Minilöhnen, Ausstieg aus Tarifverträgen und das Missachten von gesetzlichen Standards – alles das, was in der Privatwirtschaft beklagt wird – findet sich zum Teil verschärft auch in den sozialen Diensten wieder“, so Michael Leinenbach, 1. Vorsitzender des DBSH.
In dieser Situation bestärkt der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH) in seiner aktuell verabschiedeten „Saarbrücker Erklärung“ die besondere Verpflichtung der Profession zur Parteinahme für Arme und für die Verpflichtung der Politik, ein wirksames „Armutsbekämpfungskonzept“ vorzulegen. Der DBSH fordert eine Vielzahl von Maßnahmen zur Förderung und Hilfe für Menschen mit Unterstützungsbedarf, sowie Verbesserungen in den Bereichen Erziehung, Bildung, Pflege und Gesundheit. Für soziale Dienstleistungen muss es darüber hinaus festgesetzte Standards geben, um Quantität und Qualität zu sichern. „Hilfe darf nicht zur Marktware verkommen“, so der Verband.
Der DBSH ist sich dabei bewusst, dass dies mit den vorhandenen Finanzmitteln nicht zu realisieren ist: „Wenn der soziale Frieden in der Gesellschaft erhalten bleiben soll, so bedarf es einer solidarischen Haltung vor allem der Menschen mit höherem Einkommen“, so Michael Leinenbach, erster Vorsitzender des DBSH“. Gefordert werden eine solidarische Absicherung im Gesundheitsbereich, eine breitere Einnahmebasis für die Rentenversicherung, eine Erhöhung der Einkommenssteuer, eine besondere Beteiligung großer Vermögen, eine gerechte Erbschaftssteuer sowie Steuern auf Boni und Spekulationsgewinne.
Der Sondernewsletter zur „Saarbrücker Erklärung“ findet sich unter:
Der Willkür ein Ende
Der Willkür ein Ende – DBSH begrüßt Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Verfassungswidrigkeit der Regelsätze im Bereich Hartz IV / SGB II
„Dieses Urteil ist eine schallende Ohrfeige für die Regierungsparteien der letzten Jahre“ – so die zweite Vorsitzende des Deutschen Berufsverbandes für Soziale Arbeit e.V. (DBSH), Gabriele Stark-Angermeier. Über die jetzt zu erwartende Erhöhung der Regelsätze, insbesondere für Kinder, hinaus ist das Urteil wegweisend für einen menschenwürdigen Umgang mit den von Armut betroffenen Menschen in
Deutschland:
Das Bundesverfassungsgericht hat das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes und die Würde des Menschen zur Grundlage für eine Unterstützung erhoben, die die „psychische Existenz“ und „ein Mindestmaß an Teilhabe“ sichern muss.
Damit dürfte nicht nur das Gerede von Lobbyvertretern der Wirtschaft, die eine Kürzung der Regelsätze fordern, endgültig vom Tisch sein.
„Millionen Betroffene werden sich jetzt weniger als Objekt der Politik fühlen, über das willkürlich entschieden werden darf“, so der DBSH.
So hat das Bundesverfassungsgericht davon gesprochen, dass Teile der Berechnungsgrundlage für die Regelsätze für Erwachsene „ins Blaue hinein“ geschätzt worden seien. So sieht das Gericht die Kosten für Bildung völlig unberücksichtigt. Der Regelsatzfestlegung liegt eine
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aus 1998 zugrunde, vorab wurden Abschläge für „Pelze, Maßkleidung und Segelflugzeuge“ vorgenommen, „ohne das feststand, ob die Vergleichsgruppe (unterstes Quintil) überhaupt solche Ausgaben getätigt hat“. Auch würden Belege dafür fehlen, dass das unterste Quintil tatsächlich 15% weniger Strom benötige.
Eine neue Qualität eröffnet das Bundesverfassungsgericht auch bei der Bewertung der Regelsätze für Kinder, die sich rein prozentual aus dem Regelsatz für Erwachsene ableiten – dies sei eine „freihändige Setzung ohne empirische und methodische Fundierung“. Stattdessen hätten Kinder einen „spezifischen Bedarf“, der sich „an kindlichen Entwicklungsphasen und einer kindgerechten Persönlichkeitsentfaltung auszurichten hat“.
Während das Bundesverfassungsgericht bei Erwachsenen dem Gesetzgeber „bei der sozialen Seite des Existenzminimums“ einen besonders weiten Gestaltungsspielraum zubilligt, fordert das Gericht für Kinder eine weiter gehende Unterstützung ein.
„Angesichts des Politik-Geredes über Kinderrechte, Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit ist es ein Armutszeugnis für die Politik, wenn das Verfassungsgericht zu einer solchen Feststellung kommen muss“, so die 2. Vorsitzende des DBSH.
Der Berufsverband begrüßt auch die Vorgabe, dass die Regelsätze zukünftig entsprechend der tatsächlichen Erhöhung der Lebenshaltungskosten anzupassen sind – und nicht mehr von der Rentenentwicklung abhängen. Als überfällig sieht es der DBSH auch an, dass ab sofort auch ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf gedeckt wird.
„Jetzt kommt es darauf an, dass der Gesetzgeber die Vorgaben auch entsprechend dem Geist der Verfassung umsetzt“, so der DBSH. Dann ergeben sich auch für die Soziale Arbeit Chancen, den betroffenen Menschen weiter gehender zu helfen: „Bisher mussten wir allzu oft Feuerwehr spielen, um die unmittelbare Existenz zu sichern. Was wir jetzt benötigen, ist ein umfassendes Konzept, das wieder den Menschen und seine Möglichkeiten zur Selbsthilfe in den Vordergrund stellt.
Sozialarbeiter sind dabei wichtige Partner. Partnerschaft aber kann nur gelingen, wenn dem kein Almosensystem zugrunde liegt, Regeln transparent sind und menschenrechtliche Ansprüche im Vordergrund stehen. Das Verfassungsgericht hat dazu den richtigen Weg gewiesen. Was jetzt noch fehlt sind Arbeitsmarktperspektiven, die ein Einkommen ohne Hartz IV sichern und Arbeitsplätze auch denjenigen anbieten, die es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben.“
Pressekontakt:
Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. (DBSH)
Wilfried Nodes Pressesprecher
Reithohle 9, 74243 Langenbrettach
Tel.: 0 79 46 – 9 44 02 87
Mobil: 01 72 – 2 65 49 05